Warum Vasseur dreimal überlegen sollte, bevor er bei Ferrari unterschreibt
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Frédéric Vasseur ist ein liebenswerter Mensch. Im Fahrerlager ist er immer für ein Lachen, ein Schulterklopfen oder einen Scherz zu haben. Außerdem führt er Sauber - das derzeit noch unter dem Namen Alfa Romeo firmiert - Schritt für Schritt nach oben in der Rangliste. Er ist ein hervorragender Personalmanager, genau das, wonach Personalverantwortliche derzeit suchen. Es macht also durchaus Sinn, dass Ferrari den Franzosen als Ersatz für den zurückgetretenen Mattia Binotto geholt hat.
Für (fast) jeden Fahrer ist es ein Traum, eines Tages hinter dem Steuer eines roten Ferrari zu sitzen. Ob Ferrari auch das Nonplusultra für einen Teammanager ist, bleibt abzuwarten. Schließlich ist das Gras nebenan nicht immer grüner, dessen sollte sich Vasseur bewusst sein, bevor er das Angebot von Ferrari (möglicherweise) annimmt.
Audi kommt
Auf sportlicher Ebene ist Ferrari im Vergleich zu Sauber ein großer Schritt nach vorne. Zumindest im Moment. Wie wir wissen, wird Sauber 2026 das Werksteam von Audi werden. Dann wird diese Marke, die zum Volkswagen-Konzern gehört, in die Formel 1 einsteigen. Der Volkswagen Konzern ist der zweitgrößte Autohersteller der Welt und Audi hat eine reiche Geschichte im Motorsport. Das Unternehmen war in allen Klassen äußerst erfolgreich. Zweifellos will Audi alles tun, um auch in der Formel 1 ein wichtiger Faktor zu sein. Die finanziellen Mittel und Ambitionen sind auf jeden Fall vorhanden.
Mit der Aussicht, dass Audi an Bord kommt, stehen Sauber gute Zeiten bevor. Für einen CEO und Teamchef (Vasseur erfüllt beide Rollen) dürfte es eine große Herausforderung sein, das Team zu führen und schließlich in eine siegfähige Formation zu verwandeln. Gleichzeitig bringt Audi aber auch Unsicherheit mit sich. Eine so dominante Partei hat zweifellos ihre eigenen Vorstellungen davon, wie man ein Team führt. Die Frage ist, ob die Deutschen nicht schon bald anfangen werden, an Vasseurs Stuhlbeinen zu sägen, um ihre eigenen Leute auf entscheidende Positionen zu setzen.
Kraftfelder
Bei Ferrari sind die Dinge immer unruhig. Als Teamchef stehst du immer im Mittelpunkt, und jeder Fehltritt wird dir angelastet. Intern, aus allen Ecken der Organisation. Es gibt immer Leute, die sich in die Führung des Teams einmischen wollen. Es war genau eine Meinungsverschiedenheit mit dem damaligen CEO Cyril Abiteboul, die Vasseur 2016 zum Rücktritt als Teamchef bei Renault veranlasste.
Auch von außen wird Ferrari immer wieder unter die Lupe genommen, allen voran von den italienischen Medien. Vasseur steht mit seiner jahrelangen Erfahrung im Motorsport fest auf seinen Füßen. Zweifellos gelingt es dem Franzosen, die meisten Stürme des Journalismus zu überstehen. Aber muss man sich überhaupt so fühlen, wenn man ständig zur Zielscheibe von Kritik wird? Kennst du zum Beispiel die Medien in der Schweiz, die täglich ganze Seiten mit kritischen Geschichten über "ihren" Sauber füllen? Wir auch nicht.
Brüllende Presseerklärung
Wenn Vasseur zu Ferrari wechselt, wird es zweifellos schöne Worte in der Presseerklärung geben. Darüber, dass er der richtige Mann ist, um Ferrari zum Weltmeistertitel zu verhelfen. Dass Vasseur so viel Erfahrung hat. Dass es ein Vorteil ist, dass er Charles Leclerc aus ihrer gemeinsamen Zeit bei Sauber gut kennt. Und Vasseur selbst blickt dann auf viele Herausforderungen voraus. Eine große Chance - auch wenn das nicht aufgeschrieben wird - die saftige Gehaltserhöhung hat ihm auch geholfen, sich für Ferrari zu entscheiden.
All das sind Gründe, die Ferrari in ein, zwei oder drei Jahren wieder aufschreiben wird, wenn sie Vasseurs Nachfolger bekannt geben.