Der Lebenslauf von Vasseur zeigt, dass er alles hat, was Ferrari braucht
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Frederic Vasseur wird aller Voraussicht nach ab Januar Teamchef bei Ferrari werden. Er wird Mattia Binotto ablösen. Vasseur kann bereits auf eine lange Karriere im Motorsport zurückblicken und war auch in der Formel 1 erfolgreich.
Die Talentschmiede von Vasseur
Vasseur legte den Grundstein für seine heutige Arbeit an der ESTACA, wo er Luftfahrttechnik studierte. Nach seinem Abschluss gründete er 1996 in Zusammenarbeit mit Renault das ASM-Team. Der Schwerpunkt lag auf der Talentförderung. Es erwies sich als ein großer Erfolg. So gewann das Team das Zandvoort Masters, aber auch Macau und der GP von Korea standen auf dem Programm.
2004 wird ASM in das Team umbenannt, das wir heute als ART kennen. Nicolas Todt übernahm Anteile an dem Unternehmen und machte sich gemeinsam mit Vasseur daran, das Projekt zu einem großen Erfolg zu machen. Nach Erfolgen in den unteren Klassen ist ART zwischen 2004 und 2009 in der Formel 3 ungeschlagen und stellt 2005 und 2006 den Sieger in der GP2-Meisterschaft. Die Namen der Fahrer sind unübersehbar: Nico Rosberg und Lewis Hamilton.
Nach Jahren des Erfolgs wählt Vasseur als Gründer des Teams einen anderen Weg. Sebastien Philippe wird sein Nachfolger als Präsident des Teams. Noch immer mit dem Team verbunden, gründet Vasseur 2012 auch Spark Racing Technology. Diese Marke beginnt, für die Formel E zu arbeiten, und als die Elektroklasse ihr Debüt gibt, wird das Gen1-Auto von Vasseurs Firma entworfen. Später kommen auch die Gen2- und Gen3-Autos von Spark Technology.
Keine Konkurrenz für Renault
Vasseurs Rolle bleibt in der Formel 1 nicht unbemerkt, und 2016 erhält Vasseur die Chance, als Teamchef von Renault ein F1-Team nach seinen Vorstellungen zu formen. 2016 kehrt Renault gerade erst in die F1 zurück, aber 2016 gilt als Zwischenjahr mit dem alten Lotus-Chassis.
Doch die Kombination erweist sich nicht als Erfolg. Vasseur will Renault an die Spitze bringen und hat dazu seine eigenen Vorstellungen, aber das Management will da nicht mitmachen. Vasseur verlässt das Unternehmen nach einem Jahr mit der Begründung, dass es zu viele unterschiedliche Visionen innerhalb des Unternehmens gibt. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass der Franzose Recht hatte. Denn auch Jerome Stoll und Cyril Abiteboul waren nicht in der Lage, die Dinge zum Laufen zu bringen.
Dass Vasseur selbst beschlossen hat, als Teamchef aufzuhören, sagt genug über seine finanzielle und geistige Unabhängigkeit aus. Er trifft seine eigenen Entscheidungen, weiß, was es braucht, um erfolgreich zu sein und wurde bei Renault nicht gehört. Bei Sauber scheinen die Dinge viel besser zu laufen.
Sauber findet seinen Weg nach oben
Tatsächlich ist Vasseur nicht lange ohne einen Platz in der Formel 1, denn Sauber hat ihn Mitte 2017 zum Geschäftsführer und CEO von Sauber Motorsports ernannt. Als Erstes verabschiedet sich Vasseur von dem Motorendeal, der mit Honda geplant war. Der Franzose sieht keinen Sinn in einem Deal mit dem japanischen Motorenlieferanten und wird dafür sorgen, dass Ferrari ab 2018 den neuesten Motor liefert. 2017 war das nämlich noch der alte Ferrari-Motor aus dem Vorjahr.
Sauber landet in Vasseurs erster Saisonhälfte auf dem letzten Platz in der Meisterschaft. Die Fahrer Marcus Ericsson und Pascal Wehrlein haben fünf Punkte geholt. Neben einem neuen Ferrari-Motor stellt Vasseur 2018 auch einen neuen Titelsponsor. Alfa Romeo wird auf Saubers Auto auftauchen und diese Finanzspritze hilft dem Team ungemein.
Die größte Veränderung ist jedoch bei den Fahrern zu sehen. Während Sauber sich in den vergangenen Jahren immer für Fahrer mit Geld entschieden hat, wird jetzt Charles Leclerc vorgeschlagen. Vasseur weiß aus seiner Vergangenheit, dass Talente den Unterschied machen können, und Leclerc zahlt dieses Vertrauen aus. Leclerc holte 2018 39 Punkte, was zusammen mit Ericssons neun Punkten für den achten Platz unter den Konstrukteuren reicht.
Vasseur sieht seinen Starfahrer nach nur einem Jahr gehen, schafft es aber, Kimi Räikkönen davon zu überzeugen, einen Vertrag bei Alfa Romeo zu unterschreiben. Wenn das Team 2019 offiziell unter dem Namen der italienischen Marke weiterfährt, wird Räikkönen der neue Starfahrer sein. Vielleicht nicht mehr so schnell wie in den Tagen seines Weltmeistertitels 2007, aber immer noch ein großer Name für Fans und Sponsoren. Neben Räikkönen hat sich Vasseur geschickt für Antonio Giovinazzi entschieden, um die Verbindung zu Ferrari warm zu halten. Die 57 Punkte in dieser Saison zeigen sogar Fortschritte als Team.
In den Jahren 2020 und 2021 fällt das Team ein wenig zurück. Nur acht Punkte holen Räikkönen und Giovinazzi im Jahr 2020 und 13 im Jahr 2021. Das ergibt den achten bzw. neunten Platz unter den Konstrukteuren. Vasseur und sein Team arbeiten schon seit einiger Zeit an der Saison 2022. Alfa Romeo/Sauber verfügt nicht über die Ressourcen der Spitzenteams und stellt daher frühzeitig auf das neue Reglement 2022 um. Das führt zu geringeren Leistungen in den Jahren 2020 und 2021, aber es scheint sich 2022 auszuzahlen.
Der neue Mann für Ferrari?
In der Tat hat Vasseur es geschafft, aus einem Nachzüglerteam ein Team der Mittelklasse zu machen. Alfa Romeo, das 2022 mit Valtteri Bottas einen Rennsieger in seinen Reihen haben wird und mit Guanyu Zhou einen talentierten Fahrer, der für einen Zustrom chinesischer Sponsoren sorgt, liegt ein Rennen vor Schluss auf dem sechsten Platz. Das hat Sauber zuletzt 2012 geschafft. Sollte Alfa Romeo den siebten Platz erreichen, wäre das ebenfalls ein großer Erfolg, wie es zuletzt 2013 der Fall war.
In dieser Hinsicht hat Vasseur als Anführer gezeigt, dass er zu Spitzenleistungen fähig ist. Er hat sein eigenes Team an die Spitze der Nachwuchsklassen geführt und Sauber mit begrenzten Mitteln zu immer besseren Leistungen gebracht. Die Teams werden unter seiner Führung sichtlich besser, was man von Ferrari unter Mattia Binotto nicht behaupten kann.
Ferrari hat noch nicht offiziell bekannt gegeben, dass Vasseur der neue Teamchef sein wird, aber es wäre keine falsche Wahl. Er ist jemand mit einer starken Meinung und ein Mann, der sich nicht davor scheut, einen großen Rundumschlag in einer Organisation zu machen. Seine Zeit bei Renault hat aber auch gezeigt, dass er sich nicht täuschen lässt. Ferrari wird also alles geben müssen.